«Viele Studierende unterschätzen die Unterstützung, die es gibt»

Neben ihrem Master in Maschinenbau leitet Nathalie Nick, 23, ein Grossprojekt: Swissloop-Pods, Maschinen, die im Vakuum auf Hunderte von Stundenkilometern beschleunigen, um ein neues Konzept für den Gütertransport zu testen.
Nathalie Nick, 23 Jahre alt, Masterstudentin für Maschinenbau an der ETH Zürich. (Foto: Nathalie Nick)

Los Angeles, Juli 2019. Swissloop und EPFLoop belegen den zweiten und dritten Platz bei SpaceX Hyperloop. Dieser internationale Wettbewerb fördert die Entwicklung einer neuen Art von Transportmitteln, die mit sehr hoher Geschwindigkeit durch Niederdrucktunnel fahren. Beide Projekte werden vollständig von Studierenden der ETH Zürich bzw. der EPFL geleitet. Seit 2018 verstärkt Nathalie Nick das rund 20-köpfige Zürcher Team. Ein Jahr später wurde sie Co-Präsidentin des Teams, während sie gleichzeitig ihr Maschinenbaustudium an der ETH Zürich fortsetzte.

Warum haben Sie an diesem Wettbewerb teilgenommen?

Ich hatte von Swissloop in sozialen Netzwerken und von Kollegen gehört. Die Idee hat mich fasziniert: Etwas zu bauen, das es noch nie gegeben hat und das unter extremen Bedingungen funktionieren muss, ähnlich wie in der Raumfahrttechnik. Ich war mir auch bewusst, welche Kompetenzen die Teilnahme fördern kann, einschliesslich Teamarbeit, interdisziplinäre und technische Fähigkeiten. Das sind Dinge, die man nicht in einem Vorlesungssaal lernt.

Wann sind Sie zu Swissloop gekommen?

2018, im dritten Jahr meines Bachelorstudiums in Maschinenbau. Ich trat Swissloop, einer Studierendenvereinigung, bei und wurde Mitglied des Mechanik-Teams. Wir sind 2019 Zweite geworden, was ein tolles Ergebnis ist. Ich fand jedoch, dass es eine Menge Dinge gibt, an denen wir arbeiten müssen, um unsere Leistung zu verbessern. Ich habe mit dem Managementteam darüber gesprochen und bin als Co-Präsidentin dazugekommen. Seitdem habe ich viel Zeit mit Projektmanagement, langfristiger Planung und Partnerschaften verbracht.

«Es ist wichtig, während des Studiums den Horizont zu erweitern, andere Dinge zu tun. So lernt man eine Menge»      Nathalie Nick

Warum haben Sie von der Technik ins Management gewechselt?

Ich habe mich schon immer für Projektmanagement interessiert und bereits während dem Gymnasium Erfahrungen damit gemacht. Ich mag es, den Überblick übers Ganze zu haben und mit einem motivierten Team Arbeiten von A bis Z durchzuführen. Bei Swissloop geht es darum, ein sehr technisches Projekt zu managen, was mir besonders viel Spass macht.

Gibt es negative Aspekte?

Natürlich muss man Stress aushalten, sich in unerwarteten Situationen zurechtfinden und mit unterschiedlichen Meinungen umgehen. Aber ich mag Herausforderungen!

Wie schaffen Sie die Doppelbelastung von Studium und Projekt?

Das ist etwas, das ich schon seit meiner Kindheit kenne. Ich habe zum Beispiel neben der Schule Eiskunstlauf gemacht und vor ein paar Jahren die Ausbildung zur Skilehrerin absolviert.

Sind Sie nicht manchmal neidisch auf Menschen, die weniger arbeiten und ihre Freizeit mehr geniessen?

Nein, niemals! Zunächst einmal verbringe ich durch dieses Projekt Zeit mit Menschen, mit denen ich die gleiche Leidenschaft teile. Manchmal arbeite ich auch am Wochenende, aber wir tun alles, was wir können, um die Dinge richtig zu planen und einen Rückstau von überstürzten Arbeiten zu vermeiden. Das ist ein sehr wichtiger Aspekt: Man muss in Ruhe antizipieren und kreative Lösungen entwickeln können, was nicht gut geht, wenn man immer hinter dem Zeitplan ist. Das funktioniert bei Swissloop gar nicht so schlecht: Ich habe es immer geschafft, nebenbei noch andere Dinge zu tun, zum Beispiel Skifahren.

Wird der Zeitaufwand für das Projekt in Ihrem Studium anerkannt?

Nein, bei mir nicht, aber bei einigen anderen Teilnehmenden. Wir identifizieren Projekte innerhalb von Swissloop, die Gegenstand einer offiziell anerkannten Forschungsarbeit sein können. Acht Studierende können im Rahmen ihres Studiums bei uns mitarbeiten, dank des Programms Focus Projects, das vom Departement Maschinenbau und Verfahrenstechnik der ETH Zürich durchgeführt wird.

Haben Sie sich von der akademischen Gemeinschaft unterstützt gefühlt?

Ja, total. Wir können Arbeits- und Forschungsflächen an der ETH Zürich und an der Empa, die eine 120 Meter lange Teststrecke einrichtete, nutzen. Die meisten Studierenden unterschätzen die Unterstützung, die man vor allem bei den Lehrenden und Forschenden finden kann, dabei reicht es, sie einfach zu fragen.

Ratschläge für Ihre Kolleginnen und Kollegen?

Wenn Sie eine Idee haben, legen Sie los! Dann finden sich viele Menschen, die motiviert sind, an einem guten Projekt mitzuarbeiten. Für mich ist es wichtig, während des Studiums den Horizont zu erweitern, andere Dinge zu tun. So lernt man eine Menge.

Was ist mit den Institutionen?

Die Teilnahme an einem Projekt wie Swissloop ist immer noch oft ein Opfer, bei dem viel Zeit neben dem Studium investiert wird. Es wäre sehr vorteilhaft, wenn solche Projekte systematischer angerechnet und weitere Programme wie Focus Projects eingerichtet würden. Es ist wichtig, den Studienplan flexibel zu halten, da es schwierig sein kann, sich auf Prüfungen vorzubereiten, wenn man nebenbei an grossen Projekten arbeitet. In diesem Fall hilft es sehr, wenn man das Studium ohne allzu grosse Schwierigkeiten verlängern kann.

UNSERE SERIE ÜBER STUDIERENDE UND WISSENSCHAFT

Studentinnen und Studenten studieren, Wissenschaftlerinnen und Forscher publizieren. So ist es auch an den beiden ETH und den Forschungsanstalten des ETH-Bereichs.

Doch diese Institutionen wollen nun auch ungewöhnliche Wege fördern: die Gründung von Start-ups, interdisziplinäre Projekte, internationale Wettbewerbe und die Popularisierung der Wissenschaft. «Wir müssen alles vermeiden, was Widerstand erzeugen könnte», sagt Pascal Vuilliomenet, Leiter des Discovery Learning Program an der EPFL (siehe unser Interview). Wir trafen zwei Studentinnen und einen Forscher, die ihren eigenen Weg gegangen sind neben den Vorlesungssälen und Labors:

  • Chloé Carrière, Studentin an der EFPL, schickt sechs Astronautinnen und Astronauten in ein Weltraumcamp unter den Bergen (siehe «Ich habe dank einem Misserfolg angefangen»).
  • Nathalie Nick, Studentin an der ETH Zürich, baut eine Kapsel für den internationalen HyperLoop-Wettbewerb (siehe «Viele Studierende unterschätzen die Unterstützung, die es gibt»). 
  • Bastian Etter hat das Start-up Vuna gegründet, um autonome Toiletten zu vermarkten (siehe «Die angewandte Wissenschaft eröffnet neue Horizonte»).